DIE LEHRE VON JESUS CHRISTUS 



VIERTER TEIL
 
VON DER GLEICHHEIT VOR GOTT
 

 

Zwar herrscht auf dieser Erdhälfte angeblich das „Christentum” und seine Anhänger fußen auf den Schriften der vier Autoren,die man die, „Evangelisten” nennt, die Bringer der „frohen Botschaft” und des Lichtes zur Erleuchtung der „Heiden”…

Nun lassen aber die Schreiber dieser „Evangelien” ihren hohen Meister also sprechen zu seinen Jüngern:

„Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu erkennen, den anderen wird alles nur in Gleichnissen, damit sie sehen und doch nicht sehen, hören und nicht verstehen!” (Lukas 8:10), (Matthäus 13:11),( Markus 4:11)

Ein hartes und furchtbares Wort, wenn alle Menschen — wie man so gerne meint — „vor Gott gleich” wären, wenn „die andern” demnach etwa ein Anrecht hätten, in gleicher Weise „die Geheimnisse des Reiches Gottes” zu ergründen?! —

Aber die heiligen Bücher, auf denen alle christliche Lehre sich aufbaut, wissen nichts von dieser „Gleichheit vor Gott”. — Sie unterscheiden mit Schärfe und Deutlichkeit: „Kinder dieser Welt” und „Kinder des Lichtes”. — ( Lukas 16:8 )

Sie lassen ihren Meister davor warnen, daß man „das Heilige den Hunden” vorwerfe und „Perlen vor die Schweine” schütte… Vergleiche, die gewiß deutlich genug sind, um ihn nicht in der Meinung befangen zu zeigen, alle Menschen seien „vor Gott gleich”! ( Matthäus 7:6 )

Die alten Berichte über sein Leben und Sterben lassen ihn schweigen auf die Frage des Pilatus: wer er sei; doch denen, die erkannt hatten, was „Fleisch und Blut nicht offenbaren” konnte, gibt er in Hoheit die Bestätigung und spricht zu ihnen:

„Ihr nennt mich Meister, und ihr habt recht, denn ich bin es! ” ( Johannes 13:13 )

Wo sind nun aber in den vier Schriften, die man die „Evangelien” nennt, die Worte zu finden, die dieser Meister allein zu seinen Vertrauten, zu den von ihm Auserlesenen, gesprochen hätte??

Es finden sich zwar Worte, die auf eine den Jüngern allein bekannte Lehre schließen lassen, aber die Lehre selbst wird man vergeblich suchen.

Die Kirche Roms ist gewiß nicht im Unrecht, wenn sie die Lehre des Meisters von Nazareth nicht nur auf dem „Schriftwort”, sondern auch auf der „Tradition” begründet sehen will, allein: — ist diese „Tradition” nicht längst verschüttet und entstellt, — auch wenn wirklich vielleicht noch da und dort die letzten Spuren ihres Daseins bis in diese Tage reichen?

Man sagt, der Meister der Evangelien habe keinerlei schriftliche Aufzeichnung gemacht und hinterlassen.

Es steht jedermann frei, mir Glauben zu schenken oder nicht, wenn ich sage, daß auf diesem kleinen Planeten Menschen leben, die mit aller, jede sonstige Gewißheit übersteigenden Sicherheit wissen, daß der Meisler von Nazareth Aufzeichnungen seiner geheimen Lehren hinterließ: — daß die letzten davon noch bis zur Zeit der Christenverfolgungen existierten und in Rom von getreuen späteren Jüngern vernichtet wurden, um sie nicht in die Hände der „Heiden” gelangen zu lassen, — sowie, daß im „Johannes”- Evangelium große Teile dieser eigenhändigen Schriften auszugsweise wiedergegeben sind, soweit sie in verhüllter Sprache sprechen und als mündliche Worte in den Text verarbeitet werden konnten.

Die dieses wissen, wissen auch, daß die eigenhändigen Schriften des Meisters in mancher Abschrift verbreitet waren, und daß Auszüge daraus sich auch noch in anderen Schriften fanden, außer dem auf uns gelangten Evangelium, das den Namen „Johannes” trägt.

Damit erschöpft sich das Wissen dieser Wenigen, soweit es sich auf den Meister der Evangelien bezieht, durchaus nicht; aber auch sie sind, wie die ersten seiner Jünger, einem Gesetze verpflichtet, das sie als Geheimnis wahren läßt, was nicht allen gegeben werden kann. — Auch reden sie zu „den andern” nur in „Gleichnissen” und verhüllenden Symbolen. — ( Matthäus 13:10-13 )

Sie sind die mit jeder Generation erneuerten Bewahrer eines heiligen Schatzes, der durch sie auf diesem Planeten erhalten bleibt: — die wahrhaften „Ritter des heiligen Gral” der Sage, — Ausübende eines geistigen Dienstes zu dem nur sehr wenige Menschen in jeder Generation befähigt sind, da nur sehr wenige jeweils dazu geboren werden.

Man muß aber „dazu geboren” sein, wie ein Mensch dazu geboren sein mußte, Mozart, ein anderer, Beethoven zu sein, und ein Mensch, auch nicht durch allen Fleiß der Welt etwa ihresgleichen „werden” könnte.

Die hier nun gemeinten Männer — unter denen in Jahrtausenden nur selten einer europäischen Blutes zu finden war — sind zu jeder Zeit die einzigen, die jenes geheime „Wissen” in höherem oder auch geringerem Grade besitzen, das der Meister der Evangelien besaß, und er besaß es nur, weil er einer aus ihnen war. Er wußte aber auch, daß es einen „Andern” gab, dem er, in gleicher Weise wie seine geistigen Brüder, alles verdankte, und von dem er ehrfürchtig selbst bekannte, daß dieser „größer” sei als er, der von ihm sprach. —

Er konnte den Seinen bei ihm „Wohnungen” bereiten, und er hat sie bereitet, ja er selbst lebt in seiner geistigen Form noch heute unter denen, die seines „Vaters” Söhne sind, denn diese, dem ewigen Geiste eingeborenen Menschen sind auch nach dem Vorgang, den man den Tod des Körpers nennt, im freien Besitz ihrer Kräfte und nicht, wie „die andern”, den Gesetzen des Planeten unterworfen.

Sie sind die einzigen wahren geistigen „Meister” auf dieser Erde, die Leuchtenden des Urlichtes, die lebendigen Träger des ewigen „Christos”- Geistes, die Transformatoren ewiger, göttlicher Weisheit in erdenmenschliches Erfassungsvermögen…

Wem das unglaublich erscheint, oder wer seinen frommen Kirchenglauben dadurch in Gefahr sieht, der möge es bezweifeln: er wird aber an der ihm unbekannten Tatsache nichts zu ändern vermögen.

Die Tausende aus allen „christlichen” Glaubensgemeinschaften, die in ihrer inneren Seelenkultur über das eifernde Kirchentum hinausgelangten und die wirkliche Gegenwart ihres Meisters zu fühlen glauben, huldigen keinem Wahn!

Man hüte sich aber, wie ich schon sagte, vor der Annahme, die Leuchtenden des Urlichtes, unter denen der Meister von Nazareth noch heute in seiner Geistesform auf dieser Erde lebt, seien etwa gleichzusetzen mit den „Meistern”, von denen gewisse, „theosophisch” genannte Schriften zu erzählen wissen, oder gar mit der schon erwähnten „Großen Schule der Naturwissenschaft”, die in Amerika kreiert wurde und den Stempel der Unechtheit, neben allen hochtönenden, moralisch tuenden Erklärungen ihres mittlerweile entlarvten Erfinders für jeden Sehenden an der Stirne trägt!

„Es werden falsche Christi und falsche Propheten kommen, die Zeichen und Wunder tun, daß sie auch die Auserwählten verführten, so es möglich wäre. ” — ( Matthäus 24:24 )

„Die Kinder dieser Welt sind aber in ihrer Art klüger, als die Kinder des Lichtes. ” — ( Lukas 16:8 )

Die „Söhne des Lichtes”, die wirklichen Vertreter der „Theo-Sophia” auf dieser Erde, sind wahrhaft „Wissende”, aber dieses Wissen ist anderer Art als das Wissen irgendeiner Wissenschaft.

Allem berechtigten Zweifel entgegen muß ich bekennen, daß es ein solches geheimes „Wissen” für sehr Wenige auf dieser Erde gibt!

Es ist ein „Wissen”, das auf Gewißheit durch Betätigung gegründet ist und zu dem keiner kommt, der nicht von Geburt an die Fälligkeit mitbringt, es praktisch auszuüben, denn es ist kein Wissen „von” etwas, kein Wissen „über” etwas, sondern besteht nur in einer permanenten Tat: — in einem bewußten, lebendigen Einswerden mit dem Gegenstand des Wissens selbst.

Der indische Weise Patânjali sagt dem Sinne nach etwa: „So wie Wasser die Form eines Gefäßes, in das man es schüttet, es ausfüllend, annimmt, so nimmt der Geist des Yogi die Form des Dinges an, das er wissend durchdringen will!” (Daß er nicht etwa die „Yogis” an Straßen und Tempelpforten meint, versteht sich von selbst!)

Der Zustand derer, die dieses „Wissen” sich erwirken können, läßt sich bezeichnen mit den Worten: „durch Selbstverwandlung wissen”.

Es gibt außer diesem geistigen „Wissen” eine „Lehre”, die nicht in Worten „gelehrt” werden kann, — die niemals in einem Buche niedergeschrieben werden konnte, weil auch sie einzig der Selbsterfahrung zugänglich ist, — und die seit den ältesten Tagen des zum Menschentum erwachten Menschentieres, von Meistern, die „durch Selbstverwandlung wissend” waren, durch geistige Übertragung weitergegeben wurde.

Auch zum Empfang dieser geheimen „Lehre” muß man von Natur aus geeignet sein, aber es sind immerhin doch mehr Mensehen zum Empfang dieser Art von Belehrung geeignet, als zum Wissen durch Selbstverwandlung geboren.

Es gibt ein innerstes, geheimes Reich des Geistes und geistiger Gewalten, in der geistigen Region unseres Planeten, dem alle, die auf Erden leben, ihr Bestes danken!

Es gibt ein ewiges Vorleben vor dem Eintritt des Menschengeistes in diese Welt der Sichtbarkeit, und es gibt ein ewiges Fortleben nach dem „Tode” des Erdenkörpers!

Es gibt geistige „Wunder”, die jedes orientalische Märchen noch in den Schatten stellen und doch Wirklichkeiten sind!

Aber, was über alle diese Dinge in Worten menschlicher Sprache gesagt werden kann, und was durch eine erhabene Hierarchie geistiger Wesenheiten vom „Urlicht” herab bis zu den „Leuchtenden” auf Erden und durch sie in die Kanäle menschlicher Sprachen floß, ist unsagbar wenig gegenüber dem, was der „durch Selbstverwandlung Wissende” seiner Erfahrung verdankt, der von sich sagen darf, wie der Meister der Evangelien: 
„Alles, was der Vater hat, ist mein! ” —( Johannes 16:15 )
„Ich aber, und der Vater — sind Eins! ” ( Johannes 10:30 )

Die Gemeinsamkeit der Wenigen, die „durch Selbstverwandlung wissend” sind, ist die Darstellung des ewigen „Christos” auf dieser Erde, und der Meister der Evangelien ist einer der höchsten Söhne dieser geistigen Gemeinsamkeit der Leuchtenden des Urlichtes, die allein den „Vater” kennen und also tun können, wie der „Vater” sie lehrt.

Die Kirchlichen seiner Zeit nannten den geistigen Meister aus Nazareth einen „Fresser und Weinsäufcr”, denn sie konnten es nicht verstehen, daß ein Mensch, der „aus Gott” sei, also mit den „Sündern” lebe, ohne die Gaben dieser Erde zu mißachten.

Sie wußten nichts davon, daß in ihm„Das Reich der Himmel”, in dem er geistig lebte, — nahe herbei gekommen war, mitten in dieses Leben der Erde, und die Erkenntnis des Kephas-Petrus war ihnen fremd: „Herr, zu wem sollten wir gehen? — Du hast Worte des Lebens!”

Aber der „Gottessohn” der Evangelien dachte niemals daran, seine menschliche Persönlichkeit als die einzige Trägerin dieser Sohnschaft auf der Erde zu betrachten.

Erst seine späteren Ausleger haben seine Worte derart mißverstanden, und in ihrem Sinne gedreht und verdeutelt. —

Unzählig sind die Irrtümer, die aus der Nichterkenntnis des Christos-Mysteriums stammen, und mancher irrigen Lehre hätte man leichtlich wehren können, verstünde man das Wort: „Ich bin die Tür; so jemand durch mich eingeht, der wird selig werden.” —

So aber wird der „Stein, der zum Eckstein gesetzt ist, von den Bauleuten verworfen” und die Menschen suchen auf falschen Wegen, da ihnen der Weg, der „Wahrheit” ist und „Leben”, nicht gangbar erscheint.

 

 

Aus: Mehr Licht pdf Seiten: 90-107